Siedlungsentwicklung


Die erste Ansiedlung, quasi die Keimzelle des heutigen Dorfes Eßfeld, entstand wahrscheinlich im 8. Jahrhundert auf der Anhöhe bei der Nikolauskapelle. Es soll sich dabei um ein burgartiges, aus Stein erbautes Herrenhaus gehandelt haben. Von diesem fand man beim Graben breite Grundmauern, auch Reste eines Turmfundamentes sollen beim Neubau der Scheune von Lanig sichtbar gewesen sein(1). Weitere Mauerreste kamen beim Verlegen der Kanalisation quer zur heutigen Straße auf der Höhe von Gerhard Mark zum Vorschein. Diese Burg der Dorfherren bestand bereits Anfang des 16. Jahrhunderts nicht mehr und wurde nur noch als "Burgstall" bezeichnet.

Dazu gehörte ein landwirtschaftliches Anwesen, das als Fron- oder Herrenhof bezeichnet wurde. Das Herrenhaus stand dabei auf der Südseite; heute befinden sich an dieser Stelle ungefähr die Anwesen Nr. 82 (Körner Martin) bis Nr. 84 (Schenkel). Der Fronhof lag gegenüber auf der Nordseite, wo sich heute der Hof von Gerhard Mark befindet. Während das Herrenhaus wie gesagt schon lange verschwunden ist, kann man von der Zehntscheune noch heute die Grundmauern erkennen. Diese wurde 1698 wahrscheinlich auf älteren Grundmauern erbaut.

Auf der Südwestseite kam später der Schafhof hinzu (Nr. 85, Lanig), auf der Nordostseite eine Kapelle. Das Anwesen war durch Mauern abgeschlossen, nach Westen, wo sich die zugehörigen Felder anschlosssen, gab es ein Tor als einzigen Zugang.

Im Laufe der Zeit schlossen sich östlich neue Bauernhöfe an, deshalb wurde auch in der östlichen Mauer ein Ausgang geschaffen. Auf diese an den Herrenhof anschließenden Höfe folgten weitere. Diese entstanden wahrscheinlich zuerst entlang der beiden Bacharme, dem Saar- und dem Weethbach und schließlich nach dem Zusammenfluß beider Arme entlang des Saarbachs. Es entwickelte sich wahrscheinlich zuerst ein Reihendorf mit einer Hauptstraße entlang des Bachs, wie es zum Beispiel Darstadt noch heute ist.

Auf dem zu den Gehöften gehörenden Grund und Boden, der sich streifenförmig an die Höfe anschloß, entstanden in der Folgezeit weitere Höfe, die schließlich die Mittelgasse (Andreas-Hermes-Straße) bildeten. Als dritter Entwicklungsschritt schlossen sich die Höfe Nr. 1 bis 31 an der Hauptstraße an. Diese Entwicklung war bis ca. 1220 vollendet, kurz vorher auch die neue Pfarrkirche am südlichsten Zipfel des Ortes(2). Aus dem ursprünglichen Reihendorf hatte sich ein Haufendorf mit höher gelegener neuer Hauptstraße entwickelt. Zu dieser Zeit betrug die Anzahl der Bauernhöfe ca. 44, davon hatte Neumünster 20, St. Stephan 8, Domprobstei 8, dazu 7 andere unverändert gebliebene Höfe und der Fronhof.

Neubauten entstanden in der Folgezeit lediglich nördlich (Nr. 48, 49) und westlich (wahrscheinlich Nr. 72, 73, 74). Außerdem wurden manche der ursprünglichen Höfe geteilt, zudem bauten sich auch Handwerker einzelne Häuser.

Im Jahre 1511 werden 49 Bürger angegeben, was ungefähr der damaligen Höfezahl entsprechen dürfte. 1577 gab es ca. 64 Anwesen, 1762 ungefähr 76. Im Jahre 1792 waren bei der Einführung der Hausnummern 95 Häuser vorhanden(3), ob dabei Kirche, Kapelle und Rathaus eingerechnet waren, ist nicht bekannt. Der älteste Plan von Eßfeld aus dem Jahre 1826 zeigt den Ort in dieser Größe.

Der Dorfgraben


Im unruhigen 14. Jahrhundert standen die Dörfer ständig in der Gefahr, von verarmten Rittern oder anderem Diebesgesindel überfallen und ausgeplündert zu werden. Zum Schutz wurde auch Eßfeld von einem Graben sowie einer dichten Hecke umgeben. Am oberen und unteren Dorfende konnten die Zugänge durch Tore verschlossen werden. Das obere Torhaus wurde 1821 abgerissen, es stand ungefähr beim ehemaligen Saalbau Michel. Über das untere Tor ist nichts Genaueres bekannt, da aber der letzte Hof am östlichen Ende des Ortes schon sehr alt ist, muß sich das untere Tor ungefähr auf der Höhe von Nr. 1 befunden haben, dort wo heute das Kopfsteinpflaster endet.

Nach Dr. Paul Beusch soll es später sogar vier Tore gegeben haben(4). Er gibt aber leider weder Quellen noch die Lage dieser Tore an. Denkbar wäre ein weiteres Tor am nördlichen Dorfausgang Richtung Fuchsstadt. Dieses müßte sich ungefähr auf der Höhe der Bäckerei Schöpf befunden haben, da die weiter nördlich anschließenden Häuser erst in den 1860er Jahren entstanden sind.

Ein anschauliches Bild eines mittelalterlichen Dorfes hat im letzten Jahrhundert Cohausen(5) dargestellt. Ähnlich muß man sich wohl auch den Eßfelder Dorfgraben vorstellen: "Der Ort ist mit einem tiefen Graben umgeben, der mehr oder weniger geradlinig eine rechtwinklige Hauptform innezuhalten sucht und selten einspringende Winkel bildet. Meist liegt gegen die ansteigende Seite hin eine Ecke und wird dann stets von der Kirche eingenommen, welche, durch einen massiven Turm verstärkt, inmitten des ummauerten Friedhofs steht . . .

An den inneren Rand des tiefen Hauptgrabens stoßen die Hintergebäude und Hofmauern des Dorfes und bilden eine geschlossene Umfassung, die nur durch wenige Einfahrten unterbrochen wird . . . Der Hauptgraben hat je nach der Lage verschiedene Tiefen und Breiten . . .

Man findet Breiten von 12, 14 und mehr Metern bei Tiefen von 5 bis 7 Metern. Vor dem tiefen Graben erhebt sich ein Wall gleichfalls von 12 bis 14 Metern Breite und 2 bis 3 Metern Höhe, und vor diesem liegt ein seichter Vorgraben oder Rundgang . . ."

So ähnlich muß man sich auch den Eßfelder Dorfgraben vorstellen, wenn auch eine genaue Lokalisierung nicht möglich ist. Der Verfall der Dorfumfriedung setzte bereits im 16. Jahrhundert ein. Eine Dorfordnung von 1582 versucht den Verfall der "Gräben, Zäune, Mauern und Tore" aufzuhalten, indem sie die Eßfelder auffordert, diese in baulichem Zustand zu halten(6). Auch spätere Dorfordnungen wiederholten diese Mahnungen. 1628 befahl Fürstbischof Philipp Adolph von Ehrenberg, den Dorfgraben auszuwerfen wie er vorher gewesen ist(7). 1716 wurde mit 500 Hegfechsern ein neuer Hegzaun angelegt(8). Alle diese Maßnahmen konnten den Verfall der Dorfumfriedung nicht aufhalten, die ja schließlich durch den Fortschritt der Wehrtechnik sinnlos geworden war und außerdem dem Wachstum des Ortes im Weg stand. Vom einstigen Dorfgraben ist nichts mehr erhalten. Der Flurname "neben dem Dorfgraben" (neue Schule, Sportheim, Acker von Schmitt Norbert) weist auf die Lage eines Teils des Grabens hin. 1791 wurde der Dorfgraben öffentlich versteigert. Es wurde vertraglich festgelegt, daß "jeder Streicher sein erstrichen Gut zur ewigen Zeiten genießen darf, wie er will." Eine Anmerkung im Gemeindeprotokollbuch vom 10. August 1791 gibt an, daß der Graben zunächst nicht vollständig aufgelassen wurde: "66 Schuh breit (ca. 21 m) muß der Wallgang bleiben hinter der Kirche hinaus." Als Bedingung zum Kauf wurde zur Auflage gemacht, daß die Ersteigerer "diesen Graben allezeit säubern, damit das wilde Wasser allzeit seinen Fortgang habe." Die Bauern kümmerten sich jedoch wenig darum, ebneten den erworbenen Abschnitt ein und wandelten ihn in Acker- oder Gartenland um. Auch der damalige Pfarrer kaufte den an seinen Garten anschließenden Teil, der heute den südlichen Teil des Pfarrgartens bildet(9). Die südliche Mauer des Pfarrgartens bezeichnet also den äußeren Rand der Dorfumfriedung. Die Auflistung einiger Käufer im angeführten Protokoll läßt eine Rekonstruktion eines Teils des Grabens zu. Der vermutliche Verlauf ist auf der Karte abgebildet. Als Grundlage diente dabei eine Karte von ca. 1840.

Weitere Entwicklung des Ortes


Wie bereits oben erwähnt, entwickelte sich ab den 1860er Jahren der Ort in nördlicher Richtung weiter. Entlang der "Froschgasse" (Max-Eyth-Str.) und des "Gäßbergs" (= Geißberg, heute Dr.-Heim-Str.) wurden im Laufe der Jahre meist kleine Handwerkerhäuser gebaut. Der Name "Geißberg" war ursprünglich ein Spottname, die Bewohner dieses neuen Straßenzuges waren so arm, daß sie sich nur eine Geiß halten konnten. Die neuen Häuser in der Froschgasse erhielten die Nummern 99 bis 101. Nr. 99 (Bittner) wurde 1887 von Georg Mark erbaut, Nr. 100 (Kanski) 1888 von Igerst, Nr. 101 (Blaschke) 1955 von Kaiser. Die neuen Häuser am Geißberg wurden mit Bruchzahlen eingefügt. Dieser Entwicklungsschritt war in den 1950er Jahren abgeschlossen.

Als nächstes schlossen sich seit den 50er Jahren Häuser in westlicher Richtung (nach Landwehr) an. Auch in der ehemaligen Lehmgrube (gegenüber Landwehr) wurde gebaut. Ausnahmen, die bereits früher standen, sind die Nummern 31½ (Nun – 1924), 31 (Zehnder – 1875) und 31¼ (unbewohnt/zu Klein – 1901).

Am östlichen Dorfende wurden nach dem Krieg ebenfalls neue Häuser gebaut ("Bei den Linden"). Diesen Häusern folgten seit den 70er Jahren auch in südlicher Richtung Neubauten ("Nelkenstraße", "Asternweg").

Westlich anschließend an diese Häuser wurde seit den 80er Jahren das Baugebiet "Oberes Tor" erschlossen. Dort herrscht zur Zeit rege Bautätigkeit, Häuser von unterschiedlichster Größe, Form und Farbe wurden regelrecht aus dem Boden gestampft. Es entstanden zwei neue Straßen, die "Mozartstraße" und die "Franz-Josef-Strauß-Straße".

Die folgende Übersichtskarte soll die einzelnen Entwicklungsschritte noch einmal verdeutlichen. Auf den nachfolgenden Seiten dann die älteste Karte von 1826, schließlich ein Ortsplan von ca. 1905.

Pfarrdorf Eßfeld im April 1826

Eßfeld um 1905


(1) nach: AMRHEIN, A.: Geschichte des Pfarrdorfes Eßfeld, S. 29ff
(2) ebenda
(3) AMRHEIN, A.: Geschichte des Pfarrdorfes Eßfeld, S. 30
(4) BEUSCH, P.: Eßfeld, eine fränkische Bauerngemeinde
(5) COHAUSEN, A.: Befestigungsweisen der Vorzeit und des Mittelalters, S. 239ff
(6) BEUSCH, P.: Eßfeld, eine fränkische Bauerngemeinde, S. 16ff
(7) STAW: Gebrechenamt, Rep. II. Lit. E Nr. 27 Blatt 1-21
(7) HOFMANN, H.H.: Die geschichtliche Entwicklung des Ochsenfurter Gaus, S. 3
(8) Gemeinderechnung 1716
(9) AMRHEIN, A.: Geschichte des Pfarrdorfes Eßfeld, S. 149