Der Zweite Weltkrieg (1939-1945)


Es soll nicht die Aufgabe dieser Chronik sein, Kriegsgeschichte zu schreiben. Ich werde daher nur in groben Zügen auf die wichtigsten politischen Ereignisse dieser Zeit eingehen. Vielmehr sollen die konkreten Folgen dieses schrecklichen Krieges für unser Dorf dargestellt werden.

Dabei stütze ich mich im wesentlichen auf Augenzeugenberichte und die Aufzeichnungen von Herrn Pfarrer König in den Jahren 1941 bis 1957.

1933, im Jahr der Machtergreifung Hitlers, war die allgemeine Stimmung im Ort eher gegen den Nationalsozialismus eingestellt. Die große Arbeitslosigkeit und Not der 20er Jahre, die den radikalen Parteien die Wähler zutrieb, war in einem Bauerndorf wie Eßfeld kein Problem, Arbeit gab es auf dem Dorf immer genug, auch hungern mußte niemand.

Die Reichstagswahlen von 1932 ergaben ein klares Votum gegen die NSDAP: Bayerische Volkspartei 90 Prozent, SPD 1 Prozent, NSDAP 9 Prozent.

Die Wahlen 1933 hatten das gleiche Ergebnis, sie waren gleichzeitig die letzten einigermaßen freien und unverfälschten Wahlen vor Kriegsbeginn.

Unter dem Druck der Nationalsozialisten lösten sich 1933 alle Parteien auf, es gab nur noch die NSDAP. Die folgenden Wahlen vor dem Krieg dienten nur noch der Propaganda, die Ergebnisse wurden schamlos manipuliert. Da es nur noch eine Partei gab, hatte der Wähler nur die „Wahl“ zwischen „ja“- bzw. „nein“-Stimme. Spätere Wahlen ergaben meist 100 Prozent ja-Stimmen für die NSDAP, alle wußten, daß das nicht stimmen konnte, aber wer hätte sich schon getraut zuzugeben, mit „nein“ gestimmt zu haben.

Auch in den einzelnen Gemeinden machte sich die wachsende Macht der Nazis bemerkbar. 1933 wurde nach „Vorschlag“ des Sonderkommissars Gaß Georg Kraft zum 1. Bürgermeister bestimmt, eine richtige Wahl gab es nicht(1).

Man hörte trotzdem auf den Straßen auch weiterhin meistens „Grüß Gott“, nicht wie vorgeschrieben „Heil Hitler“. Wie in anderen Gemeinden gab es auch in Eßfeld Befürworter und Gegner des Naziregimes. Viele hatten Angst, denn die neuen Machthaber setzten von Anfang an auf Einschüchterung der Bevölkerung. So wurden bereits im Jahre 1933 Hausdurchsuchungen durch die Sommerhäuser SA zum Beispiel bei Michael Feser vorgenommen.Der offizielle Grund war der Besitz von Waffen des Schützenvereins, doch warMichael Feser Vorstand des Burschenvereins und weigerte sich, der Partei beizutreten, was sicher die Popularität der NSDAP bei der Dorfjugend gefördert hätte. Die Hausdurchsuchung sollte also vielmehr der Einschüchterung dienen.

Aus diesem Grund wurden auch am 2. Juli 1933 die Gemeinderäte, die der BVP (Bayerische Volkspartei) angehörten, zusammen mit den Gemeinderäten von Darstadt und Goßmannsdorf im Sommerhäuser Feuerwehrhaus eingesperrt und schließlich zusammen mit zahlreichen anderen Gemeinderäten des Bezirksamts Ochsenfurt auf die Festung nach Würzburg gebracht. Durch Verhöre und teilweise Mißhandlungen sollte Gegenwehr gegen die neuen Machthaber im Keim erstickt werden. Diese Rechnung ging bekanntermaßen auf, bald wagte es niemand mehr, öffentlich Kritik zu äußern. Entsprechend groß war die Angst vor Denunzierung. Dieselbe war jedoch in Eßfeld kein großes Problem, der Ortsgruppenleiter Scheer von Giebelstadt war relativ human eingestellt, so daß sich die Unterdrückung der Leute in Eßfeld trotz des übereifrigen Zellenleiters Deeg nicht so sehr wie in vielen anderen Ortschaften bemerkbar machte. Jeden Sonntag konnte man Deeg beobachten, wie er nach dem Gottesdienst mit dem Fahrrad nach Giebelstadt fuhr, um dem Ortsgruppenleiter über die Sonntagspredigt zu berichten. Dieser unternahm in der Regel jedoch nichts Nachteiliges für die Eßfelder, die älteren Einwohner erzählen, er habe sich wohl die Maschinenbrote, die er als Kind in Eßfeld erhalten hatte, nicht vorwerfen lassen wollen.

 

Auch gab es in Eßfeld keine jüdische Bevölkerung wie z. B. in Giebelstadt, Gaukönigshofen oder Acholshausen, die dort der Verfolgung durch die Nazis ausgesetzt war.

Die kirchenfeindliche Politik der neuen Machthaber wurde einmal mehr 1934 deutlich. Den Bürgermeistern und Gemeinderäten wurde durch die NSDAP-Kreisleitung verboten, in „dienstlicher Eigenschaft“ kirchliche Funktionen, wie das Begleiten des Allerheiligsten bei Prozessionen, zu verrichten. Die Gemeindeverwaltung beschloß angesichts dieser Verordnung, daß die Einschränkung „in dienstlicher Eigenschaft“ nicht eindeutig war und auf das Tragen des Himmels und Begleitung des Allerheiligsten nicht zuträfen(2). Diese Funktionen wurden daher eine Zeitlang weiterhin ausgeübt, Bürgermeister und Gemeinderäte wollten wohl ihr Gesicht im Ort nicht verlieren. Später wurden diese dennoch eingestellt, wahrscheinlich unter Bürgermeister Grieb.

 

Im Zeichen Hitlers aggressiver Außenpolitik wurde bereits im Juni 1934 mit umfangreichen Vermessungsarbeiten im Flurstück „Ostau“ begonnen. Diese Vermessungen waren geheim, nicht einmal die Grundstückseigentümer wußten über die Planungen Bescheid. Am 28. August 1934 wurde den Eigentümern eröffnet, daß das Gebiet zum Bau eines Flugplatzes benötigt werde und Verkaufsverhandlungen geführt. Der Flugplatz sollte ursprünglich weiter auf Eßfelder Gemarkung, in Richtung des Dorfes gebaut werden, davon wurde jedoch abgesehen, so daß die größten Teile auf Acholshäuser und Giebelstädter Gemarkung liegen.

Bereits am 2. Mai 1935 wurde Richtfest gefeiert und die sog. „Deutsche Verkehrsfliegerschule Giebelstadt“ in Betrieb genommen. Jedoch noch im gleichen Jahr, nach Aufkündigung des Versailler Vertrages und Wiedereinführung der Wehrhoheit, wurde daraus der „Fliegerhorst Giebelstadt“ und der Flugplatz mit einem Kampfgeschwader der quasi über Nacht entstandenen Deutschen Luftwaffe belegt. Von hier aus flog die Luftwaffe nach Kriegsbeginn sogar Angriffe über England. Außerdem waren Flugzeuge der „Legion Condor“ stationiert, die während des Spanischen Bürgerkrieges (1936–1939) die Nationalisten unter General Franco unterstützten und durch die Zerstörung der baskischen Stadt Guernica traurige Berühmtheit erlangte. Dieses Geschwader bestand aus Heinkel-Flugzeugen, die am Morgen in Dreierformation aufstiegen und am Abend zurückkamen. Viele Leute beobachteten aufmerksam den Abflug der Maschinen, um am Abend feststellen zu können, ob und wieviele fehlten.

Als willkommene Abwechslung im bäuerlichen Alltag wurde 1936 die mit großem Aufwand inszenierte Herbstparade Hitlers zwischen Giebelstadt und Acholshausen aufgenommen. Auch in Eßfeld waren Soldaten einquartiert, die mit Marschmusik durch das Dorf marschierten. Zur Unterhaltung gab eine Militärkapelle im Ort Standkonzerte, auf einem eigens aufgebauten Podest konnte getanzt werden. Am Hohlweg standen Geschütze. Die meisten der 30 000 bis 40 000 Soldaten biwakierten auf freiem Feld um Giebelstadt herum, nachts leuchteten die Flammen der Biwakfeuer(3).


Hitler und Generalfeldmarschall v. Blomberg nehmen die Herbstparade zwischen Giebelstadt und Herchsheim ab

Am 17. September strömten alle Eßfelder, die sich irgendwie freinehmen konnten zum Paradeplatz. Dort waren mehrere Zehntausend Menschen versammelt, die teilweise auf Tribünen, teilweise auf Stehplätzen das Paradefeld säumten. Um 10 Uhr kamen Hitler und Feldmarschall Blomberg mit dem Auto von Acholshausen, wo sie zuvor mit einem Sonderzug eingetroffen waren.


Vorbeimarsch der Truppen

Nach der Fahnenweihe begann der Vorbeimarsch der Truppen des V. Armeekorps. Die große Zahl der Soldaten, Geschütze und Panzer war sehr beeindruckend für die Zuschauer, dennoch soll sich nach Erzählungen von Augenzeugen die Begeisterung in Grenzen gehalten haben. Meine Großmutter erzählte, sie und andere Besucher seien ermahnt worden, „Heil“ zu rufen, da der „Führer“ von Nürnberg mehr Begeisterung gewohnt gewesen sei. Anscheinend war Hitler mit der Reaktion der Massen ebenfalls nicht ganz zufrieden, jedenfalls fuhr er sofort nach Beendigung der Zeremonie wieder nach Acholshausen zu seinem Sonderzug, was große Enttäuschung in Giebelstadt verursachte, da alles für einen Besuch Hitlers im Dorf Florian Geyers gerichtet war.

Hitler legte viel Wert auf Propaganda. Große Aufmärsche und Paraden sollten dazu dienen, bei dem bevorstehenden Krieg die Unterstützung der Bevölkerung zu haben. Entsprechend inszeniert wurde die Einweihung des Kriegerdenkmals 1937. Das Denkmal sollte an die im Ersten Weltkrieg den „Heldentod“ gestorbenen Soldaten erinnern. Daß diesen im bald darauf beginnenden Krieg noch viele nachfolgen sollten, ahnten damals wohl nur die Machthaber.  Die  folgenden  Bilder  zeigen  den  Festzug  mit Militärkapelle durch das geschmückte Dorf.

 


Festzug bei der Einweihung des Kriegerdenkmals

Am 23. Februar 1937 wurde Georg Grieb durch die NSDAP-Kreisleitung zum neuen Bürgermeister berufen(4). Georg Kraft hatte sein Amt vorher aus Gewissensgründen niedergelegt. Dafür wurde sein Sohn Otto 1943 als „Umerziehungsmaßnahme“ zur Waffen-SS einberufen.

 

Bereits seit 1934 mußten die Bürgermeister ihren Amtseid auf Adolf Hitler ablegen: „Ich schwöre, ich werde dem Führer des deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen . . .(5)

Mit dem Österreichfeldzug 1938 mehrte sich die Angst vor einem bevorstehenden Krieg. Teilweise hörten die Leute verbotenermaßen Auslandssender, die ohne von nationalsozialistischer Propaganda verfälscht zu sein bereits von einem drohenden Krieg sprachen. Dieses Hören von „schwarzen Sendern“ war jedoch gefährlich und wurde nur heimlich praktiziert. Bei der Angliederung Österreichs gab es noch keine Einberufungen, die Leute waren also noch nicht so sehr persönlich betroffen. Sie mußten jedoch bereits Pferde abgeben, die sie später, teilweise krank, wieder zurückerhielten.

Mit dem Überfall auf Polen begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg. Die Leute im Dorf waren größtenteils schockiert. Es gab zwar noch keine Gefallenen, jedoch wurde in den letzten Augustwochen mit der Einberufung von Soldaten begonnen. Der Jahrgang 1914 war der erste, der in der neuentstandenen Wehrmacht Wehrdienst leisten mußte und somit für den Kriegsdienst ausgebildet wurde. Frühere Jahrgänge mußten sich, bevor sie eingezogen wurden, zuerst einer kurzen Ausbildung unterziehen.


Musterung 1933, hinten v.l.: Elmar Wachter, Erwin Breunig, Hans Braun, vorne: Alfred Grieb, Willi Lanig, Georg Mark

 

Ab der ersten Septemberwoche wurden Lebensmittelkarten ausgegeben, für Schuhe und Bekleidung gab es Bezugsscheine. Außerdem wurde der zivile Luftschutz ausgerufen und Verdunkelung der Häuser angeordnet, um etwaigen feindlichen Flugzeugen kein Abgriffsziel zu bieten.

Bereits kurz nach dem Ende des Polenfeldzuges am 1. Oktober 1939 kamen die ersten polnischen Zwangsarbeiter nach Eßfeld, die in der Landwirtschaft als Hilfskräfte eingesetzt wurden. Die Polen lebten bei den Bauern, jedoch war laut staatlicher Anordnung jeder unnötige Kontakt mit ihnen verboten, nicht einmal am Tisch sollten sie mitessen. Die Bauern hielten sich jedoch stellte sich heraus, daß diese ihren Fleiß lediglich von der Behandlung durch die Bauern abhängig machten. Ging es ihnen gut, waren sie durchaus fleißige und willige Arbeiter. Die Polen trafen sich abends in der Scheune des Gasthauses Michel, was aber zu Beschwerden der Dorfbewohner führte. Jeden Sonntag mußten sich die Polen beim Bürgermeister melden, der die Anwesenheit bzw. eventuelle Flucht feststellen mußte. Polen durften anfangs den Gottesdienst mit der ganzen Pfarrgemeinde besuchen, später mußte der Pfarrer extra für sie Kirche halten.

Im Herbst 1939 herrschte außergewöhnlich schlechtes Wetter. Dies und der Mangel an Arbeitskräften durch die Einberufungen führte dazu, daß sich die Ernte der Rüben und Kartoffeln bis in den Dezember hinauszögerte. Auch der Winter 1939/40 war, wie die beiden folgenden, außergewöhnlich streng. Die Polen mußten eine Woche lang immer wieder die Straße nach Darstadt vom Schnee freischaufeln, sie wurde jedoch jedesmal wieder zugeweht. Der Schnee stand schließlich meterhoch am Straßenrand. Auch in den Höfen türmte sich der Schnee, so daß die Bauern  diesen auf Pferdeschlitten laden mußten, um ihn wegzufahren, wie auf dem folgenden Bild zu sehen ist. Das Foto wurde im Hof von Franz Feser (heute Elmar Dertinger) aufgenommen. Solche Schneemassen kann man sich bei den lauen Wintern der vergangenen Jahre kaum noch vorstellen.

Beim Abschmelzen der Schneemassen kam es zu Überflutungen durch den Saarbach, der damals noch nicht verrohrt war und sich offen durch das Dorf schlängelte. Die folgenden Fotos zeigen das „Jahrhunderthochwasser“ in Eßfeld im Frühjahr 1940. Das erste Bild wurde in der Max-Eyth-Straße auf der Höhe von Josef Mark aufgenommen. Der Bach hat sich hier zu einer stattlichen Größe verbreitert. Wenn man die geringe Wassermenge betrachtet, die der Saarbach heute nur noch führt, so kann man sich diese „Seenlandschaft“ nur schwer vorstellen.


Hochwasser 1940

Auch das folgende Bild zeigt das Hochwasser von 1940. Es wurde vor dem Hof von Otto Leuckert bei der Rückkehr von der Taufe von Sieglinde Mark aufgenommen. Hebamme, Patin und Täufling wurden auf einem Leiterwagen von Stefan Schmitt durch die Fluten gezogen.

Am 9. Mai 1940 begannen die Feldzüge in Dänemark und Norwegen, am 10. Mai marschierte die Wehrmacht in Frankreich ein. Am Tage des Einmarsches in Paris, dem 14. Juni, mußten auch in Eßfeld alle Kirchenglocken geläutet werden.

Diesen anfänglichen Erfolgen der Wehrmacht standen die ersten Fliegeralarme entgegen, denen noch viele weitere folgen sollten. Wegen der feindlichen Flieger mußte die Bevölkerung Nachtwache halten, die in mehreren Schichten eingeteilt war, um bei feindlichen Angriffen rechtzeitig Alarm zu geben. Auch die Kirche mußte zum Schutz vor Fliegerangriffen verdunkelt werden. Die Leute stifteten dazu Fahnen, die schwarz eingefärbt und vor die Fenster gehängt wurden.

 

Nach dem Sieg über Frankreich kamen zusätzlich zu den polnischen Arbeitskräften nun auch französische Kriegsgefangene nach Eßfeld, diese wurden im Michelsaal einquartiert und standen dort unter Bewachung.

Am 22. Juni 1941 erfolgte der deutsche Angriff auf Rußland. Der Krieg gegen den mächtigen Gegner Rußland brachte dann auch die ersten Gefallenen. Der erste Gefallene aus Eßfeld war Georg Körner, der am 22. September in Rechowa in der Ukraine starb. Diese ersten persönlichen Verluste machten die Eßfelder betroffen; auch diejenigen, die anfangs vielleicht begeistert waren, bekamen langsam Zweifel. Sicher gab es auch hier unrühmliche Ausnahmen. Leute, die stolz waren, daß ihr Sohn als „Kriegsheld“ gestorben war.

Am 19. Oktober kam als neuer Pfarrer Johannes König nach Eßfeld, auf dessen Aufzeichnungen ich mich im weiteren stützen werde. Wegen des Verbots durch den Ortsgruppenleiter waren bei seiner feierlichen Begrüßung keine Vertreter der Gemeindeverwaltung und der Schule anwesend. In diesem Jahr wurde es den Lehrern verboten, kirchliche Funktionen auszuüben, das Orgelspielen in Eßfeld übernahm eine der Klosterschwestern.

Eine der ersten Amtshandlungen Pfarrer Königs war der Trauergottesdienst für einen weiteren Gefallenen am 30. Oktober, für Fritz Schmitt. Nach der kirchlichen Feier sprach Ortsgruppenleiter Scheer am Kriegerdenkmal, was er aber bald aufgab, da die Leute nicht hingingen. Den meisten war wohl angesichts der Gefallenen die Lust auf Propagandareden vergangen.

Nach einem Erlaß der Regierung mußten alle Feiertage auf Sonntag verschoben werden. Außerdem durften die Kriegsgefangenen Polen nicht weiter mit der übrigen Gemeinde den Gottesdienst besuchen, Pfarrer König hielt daher am 26. Dezember einen gesonderten Weihnachtsgottesdienst für sie, Franzosen durften allerdings nicht teilnehmen.

Der Winter 1941/42 war wieder sehr hart. Besonders betroffen waren davon die Soldaten der deutschen Ostfront, die kurz vor Moskau standen. Ihre Ausrüstung entsprach in keiner Weise den dort herrschenden Temperaturen und Witterungsverhältnissen. Um deren Ausrüstung zu verbessern, wurden Sammelaktionen durchgeführt, die Leute sollten Woll- und Wintersachen sowie Skiausrüstungen abgeben. Dazu wurden das ganze Jahr über Kräuter von den Schulkindern für die Soldaten gesammelt.


Sammeln von Kräutern für die Frontsoldaten mit Lehrer Gaß

Die Leute versuchten mit der Versendung von Paketen an ihre Angehörigen an der Front deren Not zu lindern.

Um die allgemeine Versorgungslage zu verbessern, wurde nach dem Hellmuth-Plan (benannt nach dem Gauleiter Otto Hellmuth v. Marktbreit) angeordnet, eine Kükenaufzuchtstation in Eßfeld zu errichten. Diese wurde beim Anwesen von Johann Schmitt (Nr. 64) erbaut und von Maria Zöller betreut. Nach dem Krieg wurde das Gebäude verkauft und abgebaut.

Seit 1942 gab es immer häufiger Fliegeralarme. Aus dem Rheinland, das davon besonders betroffen war, kamen die ersten Einquartierungen, um den Evakuierten wenigstens für eine kurze Zeit Ruhe zu gönnen. 1942 war auch das Jahr, in dem drei der vier Kirchenglocken sowie eine der beiden Glocken der Nikolauskapelle abgegeben werden mußten. Viele glaubten nicht mehr an einen Sieg, wenn es nun schon nötig war, sogar Glocken zu Waffen zu verarbeiten.

Auch die Katastrophe von Stalingrad, bei der 1943 die  6. Armee  fast  völlig  vernichtet  wurde und 146 000 deutsche Soldaten fielen, brachte viele zu der Überzeugung, daß dieser Krieg nicht mehr gewonnen werden konnte. Viele sehnten sich einfach nur noch nach einem möglichst schnellen Ende des Krieges. Die Regierenden waren jedoch anderer Ansicht und am 18. Februar wurde durch Propagandaminister Joseph Goebbels der totale Krieg ausgerufen. Dies führte dazu, daß immer mehr ältere Männer und auch ganz junge – die 17jährigen des Jahrgangs 1927 – eingezogen wurden. Folglich nahm die Zahl der Gefallenen stetig zu.

1944 wurde fieberhaft an der Verlängerung der Startbahn des Flugplatzes gearbeitet, die sich schließlich bis über die heutige B 19 erstreckte. Außerdem wurden entlang der B 19 Flugzeughallen gebaut, die Flugzeuge landeten dann auf der Straße. Die Bauarbeiten waren noch nicht abgeschlossen, als die ersten Maschinen der von den Messerschmitt-Werken entwickelten „Me 262“, eines der ersten propellerlosen Düsenmaschinen, stationiert wurden.


Flugzeugbesatzung einer He-111 vor Hangar VI nach einem Einsatz
über dem Sudetenland

Fliegerangriffe wurden nun auch bei Tag geflogen, immer mehr Städte wurden zerstört. Flüchtlinge kamen jedoch wenige nach Eßfeld, da durch den nahen Flugplatz ebenfalls große Gefahr eines Angriffs bestand. Dies war auch den Eßfeldern klar, der Pfarrer machte daher den Vorschlag, nachdem er von vielen Leuten darauf angesprochen worden war, ein Gelübde abzulegen, um die Muttergottes um ihren Beistand zu bitten.

 

Die Eßfelder waren begeistert, so wurde am 10. September in der Predigt folgendes Gelübde abgelegt: „Wenn Du, liebe Gottesmutter und unsere Mutter, uns hilfst, daß unsere Gemeinde von den unmittelbaren Gefahren und Heimsuchungen des Krieges verschont bleibt, daß unser Dorf nicht zerstört wird, wir nicht zu fliehen brauchen und am Leben bleiben, so wollen wir nach bald glücklich beendigtem Krieg gemeinsam zu Fuß zu deinem Heiligtum auf dem Käppele in Würzburg eine Wallfahrt machen, nachdem wir uns durch einen strengen Fasttag geheiligt haben.“

Das Gelübde wurde um 9 Uhr ausgesprochen und schon um 11 Uhr erfolgte der erste Angriff amerikanischer Flugzeuge auf den Flugplatz. Nach Beendigung des Gottesdienstes war Alarm und bald darauf brausten die Flieger aus nordwestlicher Richtung im Tiefflug über Eßfeld hinweg. Kurz darauf krachten die Bomben. Alles eilte in die Keller, es gab glücklicherweise keine Schäden in Eßfeld. Jedoch wurden auf dem Flugplatz Öl- und Benzinlager getroffen. Was noch schlimmer war, der Ort Acholshausen wurde fast völlig durch Brand- und Sprengbomben zerstört, nur fünf Häuser blieben stehen, auch die Kirche mit dem Turm verbrannte. Alle Eßfelder schrieben den glimpflichen Ausgang für unser Dorf dem Gelöbnis zu.


Der Giebelstädter Flugplatz nach dem
Angriff alliierter Flugzeuge

Am 22. Oktober erfolgte der zweite Angriff auf den Flugplatz, fast alle Kasernen brannten ab und ein Munitionslager ging in die Luft. Das Krachen der explodierenden Munition dauerte mehrere Stunden. Es gab diesmal keine Schäden in den Ortschaften, doch wurden sechs Soldaten getötet. Außerdem fielen die Bomben bis dicht an unseren Ort heran. Trotz der Zerstörungen wurde fieberhaft an der Vergrößerung des Flugplatzes gearbeitet, von Giebelstadt aus sollten die neuen Düsenflugzeuge ME-262 zur Ardennenoffensive starten. Weitere Angriffe waren absehbar, am 23. Oktober erfolgte dann der dritte Angriff, diesmal nur durch zwei Jagdflugzeuge, die mit ihren Bordwaffen drei abgestellte Flugzeuge in Brand schossen.


Der Fluplatz aus der Luft. Die weißen Punkte sind Bombentrichter

Am 25. September wurde der „Volkssturm“ aufgerufen. Aus Eßfeld ging der „Franzle“, ein leicht schwachsinniger alter Mann, zum Volkssturm, kam jedoch bald wieder zurück. Nun war fast allen klar, daß der Krieg verloren war, wenn die deutsche Wehrmacht auf solche alten Männer als Soldaten angewiesen war.

Das letzte Kriegsjahr 1945 brachte noch mehrere Angriffe durch feindliche Flugzeuge. Am 4. Januar erfolgte der vierte Angriff durch einige Jagdflieger, die 6 Flugzeuge östlich von Giebelstadt in Brand schossen, bald darauf der fünfte, bei dem 3 Flugzeuge verbrannten. Am 6. Januar griffen die alliierten Flugzeuge zum 6. Mal an, wobei mehrere Soldaten und zwei 16jährige Luftwaffenhelfer getötet wurden, die erst am Vorabend auf den Flugplatz gekommen waren. Beide wurden in Giebelstadt beerdigt. Beim 7. Angriff am 20. Februar brannte nur ein Öltank aus. Die deutsche Flugabwehr schoß am 21. Februar, beim 8. Angriff, einen Jagdbomber ab, der Pilot war tot.  Die  Leute  fürchteten  sich  daher  vor  einem Racheakt der Amerikaner.

Am 25. Februar erfolgte dann auch tatsächlich der 3. große Angriff. Schon am Ende des Sonntagsgottesdienstes, um 10 Uhr, war Jägeralarm, wobei die meisten Leute sofort die Kirche verließen und in ihre Keller flüchteten. Spezielle Luftschutzkeller gab es nicht, doch haben einige Häuser tiefe Keller. Kurz darauf konnte man die ersten Tiefflieger über den Ort brausen sehen. Die Kinder wurden schnell in den Turm der Kirche, den man für sicher hielt, gebracht. Bald darauf erfolgte Großalarm. Aus allen Richtungen waren Kampfverbände in Bayern eingeflogen. Um 12 Uhr wurde ein Verband aus ca. 100 Bombern aus Richtung Kitzingen gemeldet. Kurz darauf dröhnte und bebte die Erde vom Einschlag schwerer Sprengbomben, die auf den östlichen Teil des Flugplatzes und auf den Feldern in Richtung Eßfeld einschlugen. Später wurden auf den Äckern ca. 100 Einschläge schwerer Bomben gezählt, Krater, in die man ganze Häuser stellen konnte. Dazu Unmengen von Brandbomben, die man auch heute noch auf den Äckern finden kann.


Blindgänger von Brandbomben, die noch heute
auf den Äckern am Flugplatz gefunden werden.

 

Die Bomber flogen insgesamt drei Angriffe auf den Flugplatz, bei der dritten Angriffswelle schlugen die Bomben auch in Eßfeld ein, sofort stand ein unterer Teil des Dorfes in Flammen.

 

Das Haus Nr. 12 (heute Raiffeisenbank) von Josef Lesch wurde von sechs Brandbomben getroffen und brannte mit allen Nebengebäuden nieder. Es verbrannten 18 Stück Großvieh, weil die Bomben den Stall direkt getroffen hatten. Die Pferde konnten durch die Küche ins Freie gerettet werden.


Das Haus von Josef Lesch nach dem Fliegerangriff
am 25. Februar 1945 vom Kirchberg aus gesehen.

 

Vom Haus Nr. 40 der Witwe Beetz Martin (heute Beetz Hugo) brannte die große Scheune nieder. Vor dem Haus war ein großer Sprengtrichter. Die Bombe galt wohl der Flakzentrale, die hier eingerichtet war. Von dieser Zentrale aus gingen die Zuleitungen zu den einzelnen Flakstellungen, die außerhalb des Ortes in Richtung des Flugplatzes standen. Die folgenden Bilder zeigen die Unterstände für die Flakbesatzung, die oberhalb des Hohlweges südlich von Eßfeld errichtet waren nach Kriegsende. Die Flakbesatzung war bei den Leuten einquartiert und marschierte jeden Morgen zu den Geschützen.

   


Unterstände für die Flakbesatzung

 

Weiterhin wurde vom Haus Nr. 21 des Breunig Adam (heute Eugen Schmitt) die Scheune mehrmals getroffen und brannte ab.


Schäden im Hof von Wachter

Von Nr. 13 der Witwe Wachter wurde das obere Hauseck getroffen, wie man am folgenden Foto gut erkennen kann. Die Bombe prallte ab und schlug vor dem Hoftor ein Loch, beschädigte aber vorher noch den linken Torpfosten. Noch heute sieht man, daß am linken Pfosten der Aufsatz fehlt.


Die Kirchgasse nach dem Angriff

Eine zweite Bombe ging in der Mitte der Gasse nieder und durchschlug die Wasserleitung. Ortsgruppenleiter Scheer kam noch am gleichen Tag und ließ die Leitung reparieren.

Auch die Kirche war in Gefahr, im Garten vor dem Kircheneingang und im Hof hinter der Kirche fielen Brandbomben. 8 Fenster auf der Rückseite wurden durch Luftdruck stark beschädigt. Sonst gab es keine Schäden an der Kirche. Die Fenster wurden zuerst mit farblosem Glas repariert, später in den heutigen Zustand versetzt.

 

 

Für Sofortmaßnahmen wurden benötigt(6)

  Holz Eisen Ziegel Zement Backsteine
Lesch Josef 10 Stangen 200 8000 3 t 10.000 Stück
Wachter     300    
Beetz Maria     500    
Breunig, A. 50 Stangen 150 4000 2 t  
Beetz Eva 8 Stangen 150 6000 1 t  

 

Insgesamt wurden in ganz Eßfeld folgende Schäden in Reichsmark gemeldet. Miteingerechnet sind auch Schäden auf den Feldern (Juli 1947):

Baumann, Georg 1660,- RM
Beck, Philipp 1200,- RM
Beetz, Jakob 19.800,- RM
Beusch, Adam 2476,- RM
Beusch, Paul 100,- RM
Breunig, Otto 1300,- RM
Breunig, Josef 4140,- RM
Breunig, Philipp 9568,- RM
Deppisch, Oswald 1500,- RM
Dertinger, Adolf 1330,- RM
Emhart, Hans 200,- RM
Feser, Franz 1500,- RM
Fuchs, Dora 1210,- RM
Füller, Peter 170,- RM
Geßner, Eduard 780,- RM
Himmel, Adam 250,- RM
Köber, Johann 200,- RM
Kolb, Peter 150,- RM
Kraft, Georg 4090,- RM
Lesch, Georg 34.784,- RM
Leuckert, Karl 600,- RM
Mall, Josef 1700,- RM
Mann, Emilie 600,- RM
Metzger, Georg 1036,- RM
Ohrenberger, Apollonia 100,- RM
Pfeuffer, Johann 780,- RM
Pfeuffer, Valentin 700,- RM
Raps, Adam 10.870,- RM
Raps, Georg 955,- RM
Raps, Richard 900,- RM
Reinhard, Grete 1600,- RM
Schauer, Kilian 100,- RM
Schmitt, Berta 1280,- RM
Schmitt, Johann 400,- RM
Staudigel, Peter 1660,- RM
Vogt, Vinzenz 500,- RM
Wachter, Barbara 4201,- RM
Zehnder, Franz 3010,- RM
Gesamt: 117.550,- Reichsmark

 

Nach dem Angriff wurden die Blindgänger auf den Feldern von den Leuten weggeschafft. Ganze Fuhren kamen dabei zustande. Einige Dorfbewohner versuchten leichtsinnigerweise, die Blindgänger von Brandbomben durch Schlagen auf Steine oder Ins-Feuer-werfen zum Entzünden zu bringen. Aus diesem Grund hörte man es an den Tagen nach dem großen Angriff überall knallen. Die Brandbomben hatten keine nennenswerte Sprengkraft, sondern waren mit Phosphor gefüllt, das nach dem Entzünden verbrannte. Glücklicherweise gab es dabei keine Verletzten.

In den folgenden Tagen und Wochen gab es täglich mehrere Fliegeralarme. Die Leute mußten jedesmal die Keller aufsuchen, so daß an eine geregelte Arbeit, besonders auf den Äckern, nicht zu denken war. Auch die Fahrt nach Würzburg wagte niemand, da besonders die Züge von Tieffliegern beschossen wurden, außerdem fürchtete man sich vor einem Angriff auf Würzburg, der auch bald kommen sollte.

Am 16. März wurde Würzburg gegen 20.30 Uhr innerhalb von nur 20 Minuten in Schutt und Asche gelegt. 80 Prozent der Stadt waren zerstört. Durch das Feuer, das in der Stadt tobte, war der Himmel so hell erleuchtet, daß man in Eßfeld Zeitung hätte lesen können. Außerdem entstand durch das Feuer ein starker Sturm, der auch deutlich in Eßfeld gespürt wurde und die Fensterläden schlagen ließ.

Die überlebenden Würzburger flüchteten aus der Stadt, nach Eßfeld kamen jedoch nur ca. 100, da unser Dorf wegen des nahen Flugplatzes nicht als sicher galt.

Es kam auch tatsächlich am 22. März 1945 der bisher 10. Angriff, der vierte große. Gegen 14 Uhr wurden größere Feindverbände gemeldet, erst auf Kitzingen zu, dann in Richtung Giebelstadt. Der Angriff erfolgte, zum Glück für Eßfeld, von Osten nach Westen und galt hauptsächlich der Startbahn, die dann auch von Hunderten von Bomben regelrecht umgepflügt wurde. Giebelstadt kam weniger glimpflich davon. Neben einem abgebrannten Haus Waren auch 8 Tote zu beklagen. Die Karwoche verlief sehr unruhig. Es gab fast jede Stunde Alarm. Jeder wußte, daß die Amerikaner schon ganz nahe waren. Täglich zogen Trupps deutscher Soldaten auf dem Rückzug durch das Dorf. Am Gründonnerstag wurde von diesen am Ortseingangund -ausgang je eine Fünf-Zentner-Bombe deportiert, die beim Eintreffen der Amerikaner zur Explosion gebracht werden sollte, um so deren Vorwärtskommen zu behindern. Es gab deswegen große Aufregung unter der Bevölkerung, man sah nicht ein, das Dorf, das den Krieg bisher relativ gut überstanden hatte, durch die Sprengungen selbst zu gefährden. Die Bomben wurden daher von Dorfbewohnern eingegraben und, nachdem die Amerikaner den Ort übernommen hatten, durch das Dorf gerollt und weggebracht.

Am Abend des Karsamstags hörte man gewaltige Detonationen, Soldaten berichteten, es seien bereits amerikanische Panzer in Giebelstadt. Sofort wurden zwei weiße Flaggen am Kirchturm gehißt, um Übergabebereitschaft anzuzeigen und nicht in Gefahr zu geraten, von den Panzern angegriffen zu werden. Die weißen Flaggen wurden allerdings von deutschen Soldaten wieder heruntergeholt. Pfarrer König schrieb dazu: „Zum Glück waren diese nicht SS, sonst wäre der Pfarrer nicht mehr am Leben(7)“. Die Amerikaner waren zu diesem Zeitpunkt bis Euerhausen vorgerückt, wo schwer gekämpft wurde. Um den Amerikanern möglichst nichts Brauchbares zu hinterlassen, wurden auf dem Flugplatz Gebäude und Vorratslager gesprengt. Sogar Lebensmittelbestände wurden vernichtet. Auch die neugebauten Einzelflughallen in der Umgebung des Flugplatzes und entlang der B 19 wurden in die Luft gejagt. Bis in die Nacht  inein hörte  man  Detonationen,  die  Munitionssprengungen ließen die Häuser in Eßfeld regelrecht  erzittern.  Die  in  Eßfeld  einquartierte  Flakbesatzung bezog Stellung bei ihren Geschützen, die Baukompanie auf dem Flugplatz. Beide wurden von den Einwohnern gebeten, ja nicht zu schießen, um durch Kampfhandlungen nicht das Leben der Eßfelder zu gefährden. 12 Panzerfäuste, die den Leuten von Soldaten zum Abschießen der amerikanischen Panzer übergeben worden waren, wurden versteckt.

In der Nacht ging kaum ein Einwohner ins Bett, alle wußten, daß die Amerikaner ganz nahe waren. Es geschah jedoch nichts außer Durchzüge von deutschen Soldaten, die sich auf dem Rückzug befanden. Die meisten von ihnen waren ohne Waffen und zu Fuß.

Am Morgen des Ostersonntags (1. April) hörte man das Donnern von schweren Geschützen. Die Leute verließen schnell die Kirche und am Kirchturm gingen die weißen Fahnen hoch. Auch an den Häusern wurden weiße Fahnen, Tisch- oder Bettücher, aufgehängt. Die Amerikaner sollten keinesfalls zu Kampfhandlungen provoziert werden.

Die amerikanischen Panzer zogen unterdessen zum Flugplatz. Die Baukompanie war in der Nacht geflüchtet, nur die Flak leistete geringen Widerstand, ergab sich aber schließlich oder flüchtete. Der Flugplatz wurde daraufhin von den Amerikanern eingenommen.

Um 9 Uhr kam ein amerikanisches Auto mit einem Spähtrupp nach Eßfeld. Es wurde von einer Delegation mit weißer Fahne empfangen.

Sie berichteten, die weißen Fahnen schon von 7 km Entfernung gesehen zu haben. Da sie keinen Widerstand und an allen Häusern die weißen Fahnen sahen, fuhren sie weiter Richtung Würzburg.

Erst gegen 13 Uhr kamen Panzer nach Eßfeld, die aber nach Ochsenfurt weiter fuhren. Die Amerikaner beschlagnahmten das Haus von Wachter, wo sie ein Büro einrichteten.

Erst um 14 Uhr wurde Auferstehungsfeier gehalten, die Leute waren froh, daß der Krieg für sie vorbei war.

Pfarrer König schreibt dazu: „Wir haben im Dritten Reich gelernt, mit unseren Gefühlen vorsichtig zu sein, aber bei der Auferstehungsfeier klang das Alleluja doch aus vollem Herzen.

Die ganze Woche über war noch Kanonendonner zu hören von Kämpfen der Amerikaner gegen letzte deutsche Widerstandsnester.

Nachts sah man den Feuerschein von brennenden Dörfern in der Umgebung. Am 3. April gab es einen großen Schrecken für die Bevölkerung, es hieß, die SS komme zurück.

Sofort waren alle weiße Fahnen von den Häusern verschwunden. Es handelte sich dabei aber nur um ein Gerücht.

Der für die Eßfelder bereits beendete Krieg erfuhr am 30. April durch den Selbstmord Hitlers und die Kapitulation am 7. Mai sein offizielles Ende.

 

Der Krieg war nun vorbei, glücklicherweise gab es keine Opfer unter der Zivilbevölkerung, jedoch waren viele Eßfelder Soldaten gefallen:

1941

Georg Beusch

Georg Körner, Rußland

Fritz Schmitt, 26. September 1941, Krim

Adolf Mohr, Rußland

 

   

1942

Alfred Raps, im Osten

Ludwig Scheuermann, 21. Juli, Rußland

Stefan Körner, Rußland

Erwin Breunig, Krakau

Josef Breunig, im Osten

Johann Braun, im Osten

Edmund Graf, im Osten

 

1943

Alois Saliger, Frankreich

Michael Beck, im Osten

Alfred Grieb, 20. August, bei Stalino

Michael Feser, 21. September, Rußland

 

1944

Elmar Wachter, 07. Oktober, bei Imola (Italien)

Josef Schmitt, 1. August, Polen

Alois Schauer, 24. Oktober, Frankreich

Adam Pfeuffer, Schrobenhausen

Ferdinand Floth, Rußland

Ernst Deppisch, Stalingrad

 

Kaspar Lanig, 22. Oktober, Kleinföhrenhorst (Ostpreußen), beigsetzt in Kussen

Ludwig Beetz, 1. August, bei St. Lo, Normandie

 

 

1945

Richard Beusch, Eifel

Josef Scheuermann, 15. April, Partschfeld/ Thüringen

Michael Schauer, in russischer Gefangenschaft, 17. Februar, Stalino

Adam Luff, Rußland

Ludwig Himmel, im Raum von Aachen, beigesetzt in Neurath/ Rhein

Jakob Rappl, 02. März, Ostpreußen

 

Vermißt bzw. für tot erklärt wurden:

Leopold Kiesenbauer, 1942, Rußland

Josef Lanig, 1943, im Osten

Stefan Gerschütz, 1943, Rußland

Josef Kiesenbauer, 1944, Rußland

Otto Kraft, 1944, Rumänien

Leo Füller, 1944, Rußland

Alois Fuchs, 1944, Rumänien

Karl Heusler, 1944, Rumänien

Josef Schauer, 1945, im Westen

Johann Schwarzer, 1945, Rußland

Philipp Breunig, 1945, Rußland

Adolf Dorsch, 1945, Polen

Hermann Vogt, 1945, Rumänien

Max Werner, 1945, im Osten

Franz Pudel

H. Schnellenberger

 

Alle hofften auf ein baldiges Eintreten der Normalität. Zunächst herrschte jedoch weiterhin der Ausnahmezustand. Die Bittprozessionen im Mai mußten wegen der amerikanischen Transporte entfallen. Es wurde ein neuer deutscher Bürgermeister – Hermann Emhart – auf Vorschlag der noch anwesenden französischen Kriegsgefangenen eingesetzt. Diese hatten zusammen mit den Polen die Polizeigewalt in Eßfeld inne. Im Ort herrschte Ausgangssperre von 17 bis 7 Uhr. In dieser Zeit durfte niemand auf die Straße, außerdem mußten die Fenster geschlossen bleiben. Die Polizeistunde wurde bis 1946 beibehalten.

Am 10. September wurde, dem Gelübde gemäß, ein strenger Fasttag gehalten, dem am 12. September die gelobte Wallfahrt aufs Käppele folgte. Unter Begleitung von Musikanten war fast das ganze Dorf auf den Beinen. In Fuchsstadt vereinigte sich der Zug mit der Prozession aus Darstadt. Um 10 Uhr wurde ein Gottesdienst auf dem Käppele gehalten, um 15 Uhr wieder heimgewallt. Die Prozession wurde 1978 wieder aufgenommen und seitdem jedes Jahr abgehalten. Allerdings wird nicht mehr zurückgewallt.

 


(1) Gemeindeprotokollbuch, 24. April 1933.
(2) Gemeindeprotokollbuch, 04. Juni 1934
(3) WILZ, H.: Zur Geschichte des Dorfes Acholshausen, Heft 5, S. 74
(4) Gemeindeprotokollbuch, 23. Februar 1937
(5) Gemeindeprotokollbuch, 11. September 1934
(6) STAW, Landratsamt Ochsenfurt, 310
(7) nach Aufzeichnungen von Pfarrer König