Flurbereinigung


Eßfeld war die erste Gemeinde im Ochsenfurter Gau, die ganz bereinigt wurde. Diese erste Flurbereinigung wurde 1904 bis 1910 durchgeführt. Hauptaufgabe dieser Maßnahme war die Zusammenlegung von Parzellen. Bis zum 18. Jahrhundert war Realteilung auch bei uns verbreitet, d. h. der Besitz wurde unter mehreren Erben aufgeteilt. Erst später wurde von den adligen Grundbesitzern ein Verbot der Teilungen erlassen, um eine fortschreitende Zersplitterung der Anbauflächen zu verhindern, die einer ökonomischen Bewirtschaftung im Wege stand. Seit dem 18. Jahrhundert findet man ein starres Anerbenrecht in umserem Ort, d. h. der Besitz durfte nur an einen Erben abgegeben werden. Da sich durch die jahrhundertelange Realteilung eine starke Zerstückelung der Äcker ergeben hatte, sollten diese bei der Flurbereinigung zu größeren Flächen zusammengelegt werden. Die Bauern waren über diese Umverteilung nicht sonderlich glücklich, nach Martin Beusch „stellten sich viele Mißverständnisse und Unzufriedenheiten seitens der Grundbesitzer gegenüber der Flurbereinigungskommission ein, die noch Jahre fortdauerten, bis nach und nach jeder selbst in seinem eigenen Betriebe den Segen der Flurbereinigung spürte und so auch hier Zufriedenheit einkehrte.(1)“ 

Eine weitere Aufgabe der ersten Flurbereinigung war die Schaffung von Feldwegen. Bis zu diesem Zeitpunkt existierten außer Verbindungswegen zu Nachbarorten fast keine Flurwege, zum Bewirtschaften der Felder mußte über die Nachbaräcker gefahren werden. Diese waren jedoch unbefestigt und wurden bei schlechtem Wetter oft unpassierbar für Fuhrwerke. Die erste Flurbereinigung war nach den Bedürfnissen der damaligen Zeit ausgerichtet. Die Ackerlängen der neugebildeten Grundstücke und die wegemäßige Erschließung war den Kräften der Zugtiere angepaßt. Mit dem Übergang zur mechanisierten Bewirtschaftung verband sich der Wunsch nach größeren Flächen. Um große Maschinen rentabel einsetzen zu können, war eine weitere Flurbereinigung nötig. 

Dies wurde 1972 für die Gruppe Ochsenfurter Gau-Nord in 8 Orten, einschließlich Eßfeld und in den Jahren 1974/75 für die Gruppe Ochsenfurter Gau-Süd in 14 Ortschaften mit einer Verfahrensfläche von insgesamt 16 000 ha (2) angeordnet. Im Rahmen dieser Flurbereinigung wurde ein leistungsfähiges Wirtschaftswegenetz angelegt, das es ermöglichte, die Felder auch mit landwirtschaftlichen Großgeräten und Nachbardörfer und -gemarkungen ohne die Benutzung überörtlicher Straßen zu erreichen. Durch die neuen Wege, die in der Regel 3,5 m breit und für 10 t Achslast ausgelegt sind, wird auch der Abtransport von Zuckerrüben durch Lkw ermöglicht. Durch die Zusammenlegung von Parzellen wurden maschinengerechte Großgewanne geschaffen. 

Als Beispiel für diese Neuordnung soll das Feld von Alfons Breunig dienen. Dessen Ururgroßvater Michael Breunig bewirtschaftete 1853 ca. 34 ha in insgesamt 147 Parzellen, was ca. 0,23 ha pro Parzelle entsprach. Nach der ersten Flurbereinigung reduzierte sich die Parellenzahl drastisch auf 21 (1,6 ha/Parzelle). Heute, nach der zweiten Flurbereinigung, bebaut Alfons Breunig insgesamt 41,3 ha auf nur noch 5 Parzellen (ca. 8,3 ha/Parzelle). 

Bei allen Vorteilen, die die Flurbereinigung zweifelsfrei der Landwirtschaft bietet, führte sie dazu, daß der ohnehin an optischen Reizen arme Ochsenfurter Gau der letzten Bäume und Hecken beraubt wurde. In letzter Zeit wurde zwar versucht, durch einige grüne „Farbtupfer“ in Form von vereinzelten Anpflanzungen alte Sünden wiedergutzumachen, der Erfolg bleibt aber in einer landwirtschaftlich so intensiv genutzten Region fast zwangsläufig gering. 

Parallel zur Flurbereinigung wurde ein Dorferneuerungsprogramm durchgeführt, dessen Aufgabe es war, die Lebens-, Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Dorf zu verbessern. Neben individuellen Maßnahmen an einzelnen Häusern, die hauptsächlich der Verschönerung des Dorfbildes dienten, wurden folgende Maßnahmen für die Allgemeinheit ergriffen:

Die geplante Gestaltung eines Dorfplatzes in der Dorfmitte mit Sitzgruppe, Brunnen, Maibaum usw. wurde nicht verwirklicht. 

Die im folgenden abgebildeten Flurkarten sollen die Veränderung der Parzellengrößen durch die Flurbereinigungen verdeutlichen. 

Die erste Karte(3) nimmt dabei eine Sonderstellung ein. Es handelt sich um eine Flurkarte von 1654, die anläßlich eines Grenzstreites mit Geroldshausen angelegt wurde. Die gepunktete Linie soll die Gemarkungsgrenze darstellen, kleine Vierecke stehen offenbar für Grenzsteine. Außerdem sind markante Geländepunkte wie z. B. „Der Dornbusch“ angegeben, die den Verlauf der Grenze markieren. Bemerkenswert ist, daß das Burkholz, das 1793 gerodet wurde, noch abgebildet ist, es wird in der Karte als „Eßfelder Hölzlein“ bezeichnet. Das Klingholz und die Pfanne sind nicht abgebildet, da es sich nur um einen Ausschnitt der Gemarkung handelt. Am linken oberen Rand liegt Geroldshausen, am rechten Rand Albertshausen. Unten liegt Ingolstadt, daneben das „Sultzdorfer Holz“. Die Lage der Ortschaften entspricht nicht der Realität, die Karte sollte wahrscheinlich nur als Skizze dienen, um den Grenzverlauf nachvollziehen zu können. 

Die zweite Karte(4) stammt wahrscheinlich wie die Eßfelder Urkatasterkarte aus dem Jahre 1826. Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus der Eßfelder Gemarkung vor der ersten Flurbereinigung. Deutlich sind die vielen schmalen Parzellen zu erkennen.

 Die dritte Karte zeigt einen Ausschnitt aus einer Flurkarte von 1953. Die Parzellen sind merklich größer als vor der Flurbereinigung, außerdem sind Feldwege geschaffen worden. 

Die letzte Karte  ist ein Ausschnitt aus der aktuellen Flurkarte, sie entstand nach der zweiten Flurbereinigung. Die Parzellen sind zu noch größeren Gewannen zusammengefaßt. 

Die gesamte Gemarkung wurde von den Dorfbewohnern seit altersher in Bereiche mit besonderen Flurnamen eingeteilt. Diese Flurstücke wurden durch Marksteine abgegrenzt, die von den Feldgeschworenen oder Schiedern gesetzt und überwacht wurden. Die Geschworenen besaßen eine besondere Stellung im Dorf; nur besonders zuverlässige und angesehene Bürger konnten diese Position einnehmen. Ihre Zahl betrug im allgemeinen sieben, weshalb sie auch „Siebener“ genannt wurden. Sie verwendeten geheime Zeichen beim Setzen eines Steines, um bei Kontrollen unbefugtes Versetzen feststellen zu können. Früher war alljährlich ein Feldumgang üblich, bei dem alle Gemeindebürger die Grenzen der Gemarkung abliefen. Auch die jungen Bürger nahmen teil, um sich frühzeitig die Lage der Grenzsteine einprägen zu können. 

Auch im Jahre 1733 wurde laut Gerichtsprotokoll ein Feldumgang durchgeführt: „sobald das Feld würd geräumbt sein, der Markungsumgang mit Zuziehung der Feldgeschworenen einig des Gerichts, junge Bürger und junge Knaben die Crentzstein aufgesuchet“. Die Schieder mußten in Eßfeld einen Eid leisten, dessen Anfang im 18. Jahrhundert folgendermaßen lautete: „Ich soll und will auf vorgebent gebührlich Ersuchen, die Partheyen auf dem Feld und wo es vonnöthen nach meinem besten Verstandniß getreulich und ohne gehörte entscheiden und richten, auch jedes mahlen die Gütter so zu schätzen begehrt werden nach meinem Gewissen würdigen und schätzen helfen, niemand zu lieb noch zu leyd, weder um Freundschaft noch um Feindschaft, Streyd, Gaab oder Geschenk den Armen als den Reichen und den Reichen als den Armen, wie ich solches am jüngsten Tag vor Gott dem allmächtigen getreu und will verantworten . . .“.

 

Flurkarte 1654 Flurkarte 1826 Flurkarte 1953 Flurkarte 1972
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(1) BEUSCH, P.: Eßfeld, eine fränkische Bauerngemeinde, S. 15
(2) Flurbereinigungsdirektion Würzburg
(3) STAW Gebrechenamt, IC 2
(4) Landesvermessungsamt